
Falsch geklickt – Zukunft ruiniert
So schnell kann das gehen. Im Oktober 2016 sind die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in Mecklenburg-Vorpommern im vollen Gange. Staatsanwalt Sascha Ott, Mitglied der Christdemokraten und Vertreter in der Bürgerschaft, soll Landesjustizminister werden – jedenfalls, wenn es nach dem Willen des CDU-Landesvorstandes geht. Doch dann das Unfassbare:
Recherchen (unter anderem des NDR) ergeben, dass Ott eine unfassbare Tat begangen hat: Er hat es doch tatsächlich gewagt, die Facebook-Seite der AfD Nordwestmecklenburg mit „Gefällt mir“ zu markieren. Ein Like für die AfD? Das geht ja gar nicht. Der Landesvorstand der CDU entscheidet, die Nominierung Otts zurückzuziehen. Dennoch nimmt Ott am Landesparteitag teil; wagt sich sogar ans Rednerpult. Ott fühlt sich dabei nach eigenen Angaben an ein Verhör bei der Stasi erinnert, dem er sich in den frühen Achtzigern habe unterziehen müssen. Der Grund: Er hatte eine Brieffreundin in Bayern. Damals habe er sich dafür entschuldigen müssen, lässt er die Zuhörerschaft wissen:
Das muss ich heute nicht, das werde ich auch nicht. Wie ich hier stehe, bin ich nicht bereit, mich in einem Käfig politischer Korrektheiten gefangen zu halten.
Ja, so kann das gehen. Einmal falsch geklickt – und schon ist die politische Zukunft für die Tonne. Ott selbst erklärt dazu:
Ich bin politisch tot.
Auch die Tatsache, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel während Otts Rede wenige Meter entfernt sitzt, kann an der Misere nichts mehr ändern. Sie hatte zwar zuvor erklärt, dass sie hinter ihm stehe, jedoch ebenfalls verlauten lassen, man wolle mit Otts Nominierung kein Risiko eingehen.
Mein persönliches Fazit: Im Jahr 2016 kann man hierzulande offenbar schon mit einem einzigen Klick auf „Gefällt mir“ das Recht auf freie Meinungsäußerung derart „überstrapazieren“, dass dies Auswirkungen auf die gesamte Zukunft eines Menschen hat. Wahnsinn!
Quelle: Süddeutsche »