PKW-Maut
Jetzt drehen sie vollkommen durch!
Darauf hat Verkehrsminister Dobrindt nur gewartet: Die EU hält die zunächst gehegten Zweifel an der deutschen PKW-Maut nicht länger aufrecht – und ebnet der CSU damit den Weg für ein durch und durch hirnloses Projekt. Nach Berichten des Nachrichtenmagazins Spiegel kommt das „Go“ Brüssels zustande, weil es zuvor zwischen Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Juncker so abgesprochen war. Dem Blatt zufolge hatte Juncker die Kanzlerin gefragt:
Willst du die Maut?
Deren bejahende Antwort wird vor allem als „Versöhnungsmöglichkeit mit der Schwesterpartei CSU“ gesehen. Da stört es Merkel wohl auch nicht, dass sie noch 2013 verlautbarte:
(Zum Spiegel-Artikel »)
Doch der wankenden Merkel ist in diesen Tagen scheinbar jedes Mittel recht, um dem dramatisch schwindenden Zuspruch in der Koalition entgegenzuwirken. Und Dobrindt? Jener Mann, der auf dem besten Wege war, der „Maut-Minister ohne Maut“ zu werden, darf seine abstrusen Pläne nun weiter schmieden.
Schlechtes Geschäft
Dass der deutsche Steuerzahler unter dem Strich nun nicht, wie zuvor versprochen, mit Null Euro aus der Nummer herauskommen wird, war bei realistischer Betrachtungsweise abzusehen. Denn die Pläne sehen vor, nur jenen Verkehrsteilnehmern die komplette Aufrechnung über die KFZ-Steuer zu ermöglichen, die in der Lage sind, ein Euronorm 6-Auto zu fahren – alle anderen werden wohl draufzahlen – und Einkommensschwächere erheblich belasten.
Hinzu kommt, dass der Verwaltungsaufwand Experten zufolge die Erlöse aus der Maut wohl aufzehren wird. Selbst das viel beschworene Motiv der Umweltschonung hält der Realität nicht stand. Denn die Maut-Gebühr wird keineswegs nach dem Verursacherprinzip erhoben. Der Vielfahrer zahlt am Ende genauso viel, wie der, der nur einmal die Woche ein paar Kilometer zurücklegt. Auch das Argument des teuren Straßenbaus kann nicht zählen. Denn dafür zahlen wir ja eigentlich die KFZ-Steuer. Nur ist die mittlerweile komplett zweckentfremdet und fliest bindungsfrei in den Bundeshaushalt ein. (Auch dieses Szenario könnte man hinsichtlich sprudelnder Steuereinnahmen einmal überdenken.)
Und Europa?
Man fragt sich außerdem: Was hat die PKW-Maut eigentlich mit dem viel beschworenen Grundgedanken Europas zu tun? Angeblich sollen wir doch alle brüderlich vereint sein, zusammenwachsen, Hemmnisse und Barrieren abbauen. Da steht eine Maut doch vollkommen im Widerspruch. Warum wird dennoch am Grundgedanken der Maut festgehalten? Dazu müssen wir uns die Frage stellen, „wo“ dieser Gedanke entstanden ist.
Ursachenforschung
Wir schauen nach Bayern. Denn das Projekt ist eine CSU-Idee. Bayern grenzt an Länder, die ihrerseits seit Jahren Mautgebühren verlangen. Da kommt es im eigenen Wählerkreis gut an, wenn man argumentiert, dass eine deutsche Maut nur gerecht sei. „Wenn schon, dann sollen gefälligst alle zahlen!“ Dieses Credo hört der Konsens-Bajuware gern – auch wenn es rein gar nichts mit der europäischen Idee zu tun hat. (Wären die Verhältnisse umgedreht, würden die Argumente von der herrschenden Elite sicher damit entkräftet, dass es in Deutschland keine Neid-Debatte geben dürfe.)
Grenzfragen
Auch die angedrohte Klage der Niederländer kann den Minister wohl nicht mehr von seinem ehrgeizigen Vorhaben abhalten. Strukturschwache Gegenden in anderen Ecken der Republik werden unter einer Maut leiden. Schaut man sich beispielsweise die Grenzregionen zu den Niederlanden an, darf dort ein erheblicher Rückgang von privaten Einkäufern aus dem Nachbarland erwartet werden.
Der Skandal
Am Ende dürfte wohl die Art, „wie“ es zu der Maut kommt, der größere Skandal sein als die Maut selbst. „Demokratische Beschlussfassung“ sucht man in diesem Mechanismus vergebens – wieder einmal. Daran dürften wir uns in Deutschland und Europa mittlerweile gewöhnt haben. Die Entscheidung ist wieder einmal klammheimlich von einigen Politbaronen getroffen worden, anstatt die Parlamente darüber befinden zu lassen. Fazit: Wenn es um die persönlichen Bedürfnisse einiger politisch elitärer Einzelgänger geht, ist Demokratie scheinbar ein Hindernis.